Interview mit Dr. Stephan Guttowski

»Mikroelektronik ist unverzichtbar, weil sie Dinge möglich macht, die sonst unerreichbar wären. Jeder Euro, den man in die Mikroelektronik investiert, ermöglicht weitere Entwicklungen in ganz anderen Industrie- und Wirtschaftsbereichen, ermöglicht Wertschöpfung in Deutschland aber auch in Europa.«

Dr. Stephan Guttowski promovierte im Bereich Elektromagnetische Verträglichkeit an der TU Berlin. Es folgte ein Post-Doc-Aufenthalt am M.I.T. mit anschließender Tätigkeit im Forschungslabor Elektrische Antriebe der Daimler AG. 2001 wechselte er als Gruppen- und schließlich Abteilungsleiter ans Fraunhofer IZM. Ab Juni 2017 war Stephan Guttowski Technologiepark-Manager der FMD. Seit Januar 2021 leitet er die gemeinsame Geschäftsstelle der FMD und des Fraunhofer-Verbunds Mikroelektronik.

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Im FMD.impuls-Interview spricht Dr. Stephan Guttowski, Leiter der gemeinsamen Geschäftsstelle von FMD und Fraunhofer-Verbund Mikroelektronik, über die Rolle der Mikroelektronik als Schlüssel zur technologischen Souveränität in Deutschland und Europa. Das ca. 15-minütige Videointerview können Sie sich oben anschauen.

Warum ist Mikroelektronik eine so wichtige Schlüsseltechnologie? 

Mikroelektronik ermöglicht uns, Dinge besser zu machen, kleiner zu machen, effizienter zu machen oder überhaupt erst zu machen. Mikroelektronik ist viel mehr als Highspeed-Mikroprozessoren in Smartphones; sie ist auch Sensorik, Kommunikations- und Leistungselektronik. Man sieht sie nicht, aber sie ist allgegenwärtig. Mikroelektronik ist eigentlich genauso Infrastruktur, wie das Straßen- und Schienennetz. Auf ihrer Grundlage können wir weltmarktfü̈hrende Produkte entwickeln.

Was bedeutet in diesem Zusammenhang technologisch souverän? 

Das Thema der technologischen Souveränität ist hoch brisant. Technonologische Souveränität bedeutet nicht, dass alle alles selber herstellen. Nicht jede Nation muss ihre eigenen Smartphones und Computer produzieren. Technologische Souveränität beschreibt viel mehr die Fähigkeit, die technologische Entwicklung aktiv zu gestalten. Es geht darum, die Technik hinter den Produkten zu verstehen und zu beherrschen. Nichts ist schlimmer, als einen Mikrocontroller zu verbauen und sich nicht darauf verlassen zu können, dass er genau das Richtige tut.

Welche Rolle kann die FMD bei der technologischen Souveränität Europas spielen?

Die FMD bündelt die Expertise von 13 Mikroelektronik-Forschungsinstituten mit jeweils ganz spezifischen Kompetenzen. In Kombination dieser Fähigkeiten sind wir in der Lage, komplette Systeme von morgen aufzubauen. Unser Fokus liegt darauf, die erforschten Technologien der deutschen und europäischen Wirtschaft zur Verfügung zu stellen. Die FMD fungiert somit als One-Stop-Shop für Partner aus Industrie, Wissenschaft und Gesellschaft.

Also ein One-Stop-Shop für KMU und Big-Player?

Wir arbeiten auch ganz bewusst mit Programmen für Start-ups und ermöglichen die Erstellung von Prototypen und Demonstratoren, mit denen aktiv an Investoren herangetreten werden kann. So fördern wir die Fortentwicklung von jungen Unternehmen aus dem Bereich Mikroelektronik. Außerdem stellen wir Hochschulen und Bildungseinrichtungen unsere neueste Forschungsinfrastruktur zur Verfügung und entwickeln dadurch Weiterbildungsmöglichkeiten. So sorgen wir für den intensiven Transfer zwischen Bildungseinrichtungen, Industrie und den Institutionen der FMD.

Kann das Konzept der FMD auch als »Blaupause« für Europa dienen?

Unser Konzept des Technologietransfers von der Forschung zur Wirtschaft darf – nein muss – auch auf Europa ausgeweitet werden, um europäische Forschungsinfrastrukturen zu verbinden und kleinen, großen und mittelständischen Unternehmen dabei zu helfen, technologisch noch weiter voranzukommen. Das ist ein wichtiger Pfeiler für mikroelektronische Wertschöpfung in Europa und – wie gesagt – für die europäische Technologiesouveränität.

Welche Themen sind zukünftig interessant und relevant?

Mit unserer Forschungsarbeit, die teilweise fünf, zehn und sogar 15 Jahre in die Zukunft schaut, sind unsere Institute sehr gut in der Lage, zu sagen, was technologisch in Zukunft möglich sein wird. Die Themen, die uns momentan beschäftigen, sind vor allem vertrauenswürdige und umweltverträgliche Elektronik, Künstliche Intelligenz sowie 6G-Kommunikationsinfrastrukturen. In naher Zukunft werden wir Künstliche Intelligenz in mobilen Geräten haben, echtes autonomes Fahren und wahnsinnig energieeffiziente Schaltungen und Systeme.

Wenn man mich fragt ‘Wo sind wir denn in 20 Jahren?’, frage ich gerne zurück ‘Wo waren wir denn vor 20 Jahren? Wie sahen die Handys, die Computer aus?’ Wenn man bedenkt, wie groß der Entwicklungsschritt schon in den letzten 20 Jahren war, dann können wir ganz großartige Dinge von der Zukunft erwarten!

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