Bedeutender Schub für die Anwendungsforschung: FMD gibt Startschuss für »Chiplet Application Hub«

Auf der Hannover Messe fiel am 31. März 2025 der Startschuss für den neuen »Chiplet Application Hub« der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD). Als Knotenpunkt für die Entwicklung und Anwendung von Chiplet-Technologien schlägt er die Brücke zwischen Forschung und industrieller Nutzung. Gemeinsam mit der Wirtschaft wird so die Entwicklung von Chiplets »made in Germany« vorangetrieben und die Industrieforschung auf ein neues Level gehoben. Der Hub ergänzt die Arbeiten der FMD in der »Chips for Europe Initiative« auf nationaler Ebene und stärkt somit die technologische Resilienz Deutschlands. Forschung, Entwicklung und Prototypenfertigung erfolgen unter Nutzung der technologischen Möglichkeiten der APECS-Pilotlinie.

© Fraunhofer IIS
Entwurf von Chiplet-basierten Systemen im Baukasten-Prinzip
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Fine-Pitch-Package-Substrat für ein multifunktionales System-on-Chip
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Chiplet-Aufbau zur Realisierung digitaler und analoger Funktionen – Gesamtwafer vor Vereinzelung

Die Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) arbeitet intensiv im Bereich Heterointegration und treibt Chiplet-Innovationen in der Ende 2024 gestarteten APECS-Pilotlinie auf europäischer Ebene voran. Ein erheblicher Teil der insgesamt 730 Millionen Euro Gesamtfinanzierung von APECS fließt in die technologische Befähigung für Chiplets.

Diese eröffnen insbesondere der Automobilindustrie und dem High-Performance-Computing, aber auch anderen Branchen wie der Industrieelektronik und der Medizintechnik, bahnbrechende Möglichkeiten. Sie ermöglichen Fortschritte im Advanced Packaging, der Integration leistungsfähiger Subsysteme (z. B. leistungsfähige Rechnermodule, Sensor-/Edge-Module, Steuergeräte) sowie eine flexiblere Lieferkette durch die Nutzung von Halbleiterbauelementen verschiedener Hersteller.

Um die industrielle Anwendung von Chiplets in Deutschland und Europa gezielt voranzutreiben, baut die FMD nun den »Chiplet Application Hub« auf. Dieser bildet den Anwendungsrahmen für die APECS-Pilotlinie und wird dafür sorgen, dass Unternehmen von neuesten Chiplet-Entwicklungen profitieren und europäische Stärken im Halbleitersektor weiter ausgebaut werden können. FMD und Industriepartner aus allen Bereichen des Halbleiter-Ökosystems bündeln im Hub ihre Kompetenzen, um gemeinsam neue Chiplet-Lösungen für Anwendungen im Automotive- und Automatisierungs-Umfeld zu schaffen. Es werden konkrete Entwicklungs-Roadmaps und Pilotprojekte entstehen, die gezielt auf die Anforderungen der Industrie zugeschnitten sind. Die Industriepartner bringen dazu erhebliche Eigenbeiträge ein, um Chiplet-Innovationen zusammen mit der FMD voranzutreiben. In Kombination mit den technologischen Möglichkeiten der APECS-Pilotlinie können so neue Fertigungstechnologien, Designmethoden und Standards entwickelt sowie Prototypen erprobt werden. Der »Chiplet Application Hub« fungiert als Motor der vorwettbewerblichen Industrieforschung und hebt diese auf ein neues Niveau. Dadurch gelangen Innovationen schneller in die industrielle Anwendung.

Chiplet-Technologie als Katalysator für Wertschöpfung,
Technologietransfer und Wettbewerbsfähigkeit

Die Bedeutung der Chiplet-Technologie liegt in ihrer Modularität und Skalierbarkeit. Sie ermöglicht es, verschiedene Halbleiter-Technologien gezielt zu kombinieren und auf spezifische Anwendungsfälle zuzuschneiden. Dadurch können neue Systemarchitekturen mit verbesserter Energieeffizienz, Leistungsfähigkeit und Wiederverwendbarkeit einzelner sehr teurer Designkomponenten realisiert werden.

Prof. Holger Hanselka, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft: »Die Gründung des ›Chiplet Application Hub‹ markiert einen weiteren Meilenstein für die Mikroelektronik-Forschung in Deutschland, von dem auch der Standort Europa durch eine unabhängige, leistungsfähige Halbleiterindustrie enorm profitieren wird. Durch die enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie können wir die Innovationskraft der Chiplet-Technologie zielgerichtet und optimal nutzen.« Dies sei ein exzellentes Beispiel dafür, dass starke Partnerschaften zwischen führenden europäischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen der Schlüssel zur technologischen Resilienz und die Basis für wegweisende Innovationen sind, betont Hanselka. »Darüber hinaus demonstriert die Ansiedlung von imec in Baden-Württemberg anschaulich, wie strategische Kooperationen über Ländergrenzen hinweg die Wettbewerbsfähigkeit Europas nachhaltig stärken.«

Prof. Albert Heuberger, Vorsitzender des FMD-Lenkungskreises und Sprecher des Fraunhofer-Verbunds Mikroelektronik sowie Gründungs-Direktor des »Chiplet Application Hubs«, ergänzt: »Der ›Chiplet Application Hub‹ ist ein wichtiger Baustein für die Umsetzung des EU Chips Act in Deutschland und wird eng mit den Kompetenzzentren verzahnt sein, die nach und nach in diesem Kontext in allen europäischen Ländern aufgebaut werden. Die Entscheidung von imec, sich in Heilbronn anzusiedeln, unterstreicht die enge Verzahnung der verschiedenen Akteure im europäischen Chip-Ökosystem und zeigt, wie der EU Chips Act Forschungsinstitute, Unternehmen und Kompetenzzentren zusammenführt, um gemeinsam die technologische Wettbewerbsfähigkeit Europas zu sichern.«

Stimmen aus der Industrie: Vorteile einer strategischen Partnerschaft mit dem »Chiplet Application Hub«

Die Basis des »Chiplet Application Hubs« ist die enge Kooperation mit starken Industriepartnern, um praxisnahe und industriegerechte Lösungen zu entwickeln. Durch die Verbindung von Design, Systemintegration und Testverfahren soll der Hub als langfristige Plattform für die Anwendung von Chiplet-Technologien in Deutschland und Europa etabliert werden. Besonders im Bereich High-Performance-Computing und Künstliche Intelligenz bieten modulare Halbleiterarchitekturen großes Potenzial.

»Die Chiplet-Technologie ist ein entscheidender Baustein für die Zukunft der Halbleiterindustrie.« sagt Dr. Heike Riel, IBM Fellow, Head Science & Technology, Lead IBM Research Quantum Europe / Africa und fügt erklärend hinzu: »Durch die modulare Integration von Halbleiterkomponenten können wir innovative Computing-Lösungen schaffen, die nicht nur leistungsstärker, sondern auch energieeffizienter sind. Der ›Chiplet Application Hub‹ bietet eine ideale Plattform, um diese Technologie weiterzuentwickeln und ihre industrielle Umsetzung voranzutreiben.«

Auch im Automobilsektor eröffnet die Chiplet-Technologie neue Möglichkeiten für leistungsfähige und anpassungsfähige Elektroniksysteme.

Jürgen Heckelmann, Leiter des Strategic Semiconductor Management Procurement der Audi AG, begrüßt die Gründung des Hubs und sagt: »Chiplets bieten enorme Vorteile für den Automotive-Sektor. Die Transformation hin zu zentralisierten Steuerungseinheiten erfordert flexible und skalierbare Lösungen. Besonders beim automatisierten Fahren und Infotainment werden Chiplets eine gezieltere Anpassung an verschiedene Fahrzeugklassen und Funktionalitäten ermöglichen und zudem energieeffizientere, verlustleistungsreduzierte Lösungen bieten. Ein wichtiger Vorteil liegt ebenfalls in der Modularisierung von Sensor- und Aktorsystemen, wodurch sich diese flexibler in verschiedene Systeme integrieren lassen. Der Hub wird ein essenzieller Partner für die Weiterentwicklung zukünftiger Elektronikarchitekturen sein.«

Andreas Aal, Volkswagen Nutzfahrzeuge, Senior Member IEEE, CRP, Chair SEMI GAAC ergänzt: »Chiplets ermöglichen uns langfristig gezielt für das Software basierte Geschäftsmodell Mobility & Transport-as-a-Service maßgeschneiderte Hardwareplattformen zu erstellen, die die notwendige Flexibilität, Adaptivität und Kosteneffizienz bieten. Der ›Chiplet Application Hub‹ bildet hierfür eine entscheidende Brücke, um Digitale Innovationen aus dem Non-Automotive-Bereich für den Einsatz im Fahrzeug unter den Gesichtspunkten Life Cycle Management, Cyber Security und Robustheit zu befähigen. Wir müssen uns vom klassischen automobilen Ecosystem lösen und stattdessen als robustes System-of-Systems kompatibel zum globale digitalen Ecosystem werden.«

Und auch Siemens Digital Industries ist der Ansicht, dass die heterogene Integration von Chiplets der Weg in die Zukunft für elektronische Produkte der nächsten Generation, beispielsweise für autonome Verkehrsmittel, ist. Heiko Dudek, 3D IC & Advanced Heterogeneous Packaging EMEA, Siemens Digital Industries, erklärt dazu: »Aus diesem Grund werden gegenwärtig Investitionen in die Entwicklung von Designtechnologien und Lösungen getätigt, um diesen Bereich besser bedienen zu können. Wir begrüßen die Gründung des ›Chiplet Application Hub‹ und sehen der Zusammenarbeit bei diesem Vorhaben entgegen, um seinen Erfolg sicherzustellen.«

Durch seine Hebelwirkung auf die Industrieforschung und den Technologietransfer wird der »Chiplet Innovation Hub« Innovationen beschleunigen und als Katalysator für die Markteinführung neuer Chiplet-Technologien dienen. In den kommenden Jahren wird der Hub durch gezielte Kooperationen, Forschungsprojekte und den Aufbau eines starken Innovationsnetzwerks weiter ausgebaut, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland nachhaltig zu stärken.

Kooperation mit starken Partnern für ein starkes Chip-Ökosystem

Mit der Gründung des »Chiplet Innovation Hub« setzt die FMD ein klares Zeichen für die zentrale Rolle von Chiplets in der Mikroelektronikforschung und stärkt ihre Position im europäischen Chip-Ökosystem. Die geplante Ansiedlung namhafter Forschungszentren, wie beispielsweise des belgischen »imec«, unterstreicht die Relevanz dieser Technologie. Imec plant, in Heilbronn (Baden-Württemberg) eine Forschungsgruppe für Chiplet-Architekturen im High-Performance-Computing für den Automotive-Bereich aufzubauen. Um dieses Potenzial optimal zu nutzen, bündeln beide Partner ihre Kräfte und haben ein Memorandum of Understanding (MoU) unterzeichnet, um eine gemeinsame strategische Ausrichtung festzulegen. Damit bekräftigen sie ihr Engagement, Chiplet-Innovationen voranzutreiben und neue Maßstäbe für deren Entwicklung und industrielle Anwendung zu setzen.

Über die Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD)

Die Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) als Kooperation des Fraunhofer-Verbunds Mikroelektronik mit den Leibniz-Instituten FBH und IHP ist der zentrale Ansprechpartner für alle Fragestellungen rund um die mikro- und nanoelektronische Forschung und Entwicklung in Deutschland und Europa. Als One-Stop-Shop verbindet die FMD wissenschaftlich exzellente Technologien und Systemlösungen ihrer 15 kooperierenden Institute aus Fraunhofer-Gesellschaft und Leibniz-Gemeinschaft zu einem kundenspezifischen Gesamtangebot. Unter dem virtuellen Dach der FMD entstand somit der europaweit größte Zusammenschluss dieser Art mit inzwischen mehr als 5400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einer einzigartigen Kompetenz- und Infrastrukturvielfalt. Mehr Informationen finden Sie unter www.forschungsfabrik-mikroelektronik.de Besuchen Sie ebenfalls unseren virtuellen 3D-Showroom unter https://fmd-insight.de/showroom

Über die Fraunhofer-Gesellschaft

Die Fraunhofer-Gesellschaft mit Sitz in Deutschland ist eine der führenden Organisationen für anwendungsorientierte Forschung. Im Innovationsprozess spielt sie eine zentrale Rolle – mit Forschungsschwerpunkten in zukunftsrelevanten Schlüsseltechnologien und dem Transfer von Forschungsergebnissen in die Industrie zur Stärkung unseres Wirtschaftsstandorts und zum Wohle unserer Gesellschaft. Die 1949 gegründete Organisation betreibt in Deutschland derzeit 76 Institute und Forschungseinrichtungen. Die gegenwärtig knapp 32 000 Mitarbeitenden, überwiegend mit natur- oder ingenieurwissenschaftlicher Ausbildung, erarbeiten das jährliche Finanzvolumen von 3,4 Mrd. €. Davon fallen 3,0 Mrd. € auf den Bereich Vertragsforschung. https://www.fraunhofer.de/

Über die APECS-Pilotlinie

Im Rahmen des EU Chips Acts wird die Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) mit APECS in den kommenden Jahren eine umfassende Pilotlinie für resiliente und vertrauenswürdige heterogene Systeme aufbauen, die die Innovationsfähigkeit der europäischen Industrie in ihrer gesamten Breite fördert und einen wesentlichen Baustein in Hinblick auf die technologische Resilienz Europas bildet. Durch die Aktivierung neuer Funktionalitäten im Rahmen der »System Technology Co-Optimization« (STCO), ein end-to-end Design sowie Pilotproduktionskapazitäten ermöglicht die Pilotlinie die Weiterentwicklung von Innovationen von der Forschung zu praktischen, skalierbaren Fertigungslösungen. Darüber hinaus bietet APECS einen One-Stop-Shop für Kunden in praktisch allen klassischen vertikalen Industriebranchen, einschließlich Großunternehmen, KMU und Start-ups.

In einem starken europäischen Konsortium bündelt APECS die technologischen Kompetenzen, Infrastrukturen und das Know-how von insgesamt zehn Partnern aus acht europäischen Ländern: Deutschland (Fraunhofer-Verbund Mikroelektronik, FBH, IHP), Österreich (TU Graz), Finnland (VTT), Belgien (imec), Frankreich (CEA-Leti), Griechenland (FORTH), Spanien (IMB-CNM, CSIC) und Portugal (INL). Die APECS-Pilotlinie wird von der Fraunhofer-Gesellschaft koordiniert und von der FMD implementiert.
APECS wird durch Chips Joint Undertaking und durch nationale Förderungen von Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Österreich, Portugal und Spanien im Rahmen der »Chips for Europe« Initiative kofinanziert. Die Gesamtfinanzierung für die APECS-Pilotlinie beläuft sich auf 730 Millionen Euro über 4,5 Jahre.

Mehr Informationen finden Sie unter: https://www.apecs.eu/

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